Walkmühle (2759),
poln.: Ociąż
Wassermühle,
oberschlächtig
Lage
Geographische
Koordinaten: 53°16'09“ N, 15°32‘52“ E
Ca.
1 km nördlich von Reetz/Recz, an der Ihna
Geschichte
Der Mühlenstandort ist schon recht alt; schon
im 14. Jahrhundert wird vom großen Wert der Mühle für die Tuchmacher berichtet.
Sie war eine Walkmühle, welche dazu diente, frisch gewebte Tücher durch Stoßen,
Strecken und Pressen, also Walken, zu reinigen und an der Oberfläche auch zu
verfilzen, damit das Gewebe geschmeidiger und dichter wurde. Dies erfolgte
mechanisch, indem man die Wasserkraft benutzte, die ein oberschlächtiges
Wasserrad antrieb.
Im 18. Jahrhundert brannte die Mühle nieder,
wurde aber sofort mit Geldern, welche Friedrich der Große bewilligte, wieder
aufgebaut.
Zuletzt betrieb der Drechslermeister Anton
Wendt dort eine „Drechslerei mit Kraftbetrieb“ und fertigte Stuhl- und
Tischbeine und Geländersprossen. In der Weltwirtsschaftkrise wurde der
Drechslereibetrieb eingestellt, die Mühle ging an Theuerkauf
aus Reetz, der die Mühle auf Stromerzeugung umstellte. In dem Mühlenhaus
verblieb die Wohnung von Fam. Wendt. Talabwärts am Unterwasser, jenseits des
Wasserrades lag die Badeanstalt, ein beliebter Treffpunkt der Reetzer Jugend.
Vielleicht 300 Meter flußaufwärts
befand sich Hermanns Kraftwerk. Carl Hermann betrieb am Pommerschen Berg eine
Maschinenfabrik und Mühlenbau- Anstalt. Die dazugehörige Kraft erzeugte er
zunächst mit einer Holländer-Windmühle, die aber bald nicht mehr seinen
Ansprüchen genügte. Der Holländer wurde abgebaut und verkauft und eine
ortsfeste Dampfmaschine eingebaut. Carl Herrmann war wohl ein sehr
fortschrittlicher Mann. Denn er baute 1894 im Ihnatal
ein Wasserkraftwerk. Zunächst mit einem Getriebegenerator ausgestattet, wurde
im Jahre 1910 eine Turbine eingebaut.
Ein paar Daten für den Fachmann:
Gefälle 6 m, eingehäusige
Francis-Turbine 25 Ps, alte Dynamomaschine zweipolig mit offenen Polen und Gramme'schem Ringanker (später Trommelanker eingebaut), um
1920 durch moderne vierpolige Dynamomaschine ersetzt. Zweileiter-Gleichstrom
440 Volt. Meistens wurden 15 bis 20 Ampere entnommen. Das waren also 6,6 bis
8,8 Kilowatt. Wenn die Ihna wenig Wasser führte, gab
das E-Werk noch weniger her. Manchmal, in trockenen Jahren, mußte
es auch mal ganz zugedreht werden, besonders wenn Müller Kapitzke
in Ziegenhagen alle Schützen schloß, um seinen
Mühlenteich wieder vollaufen zu lassen. In einer Fabrik gab es ja damals noch
viel Handarbeit. Man machte dann eben die Maschinenarbeit, wenn es wieder
Wasser gab.
Wirtschaft
Betrieb als Walkmühle, später Drechslerei
Heute
2009 befindet sich dort eine Fischzucht mit
vielen Becken beiderseits der Ihna; alle alten
Bauwerke sind verschwunden, eine Fischerhütte wurde neu errichtet. Erkennbar
sind noch Teile vom Oberwasser mit dem Damm sowie das Becken des Unterwassers
mit dem Lagerschacht des Wasserrades.
▲Walkmühle von Osten; Ansichtskarte
vor 1919 (JU)
▲Unterwasser;
Fotografie ca. 1939 (AA)
▲Unterwasser mit
Mühlradlager (07/ 2009, JU)